Ist der Tourismus
schädlich für den Berg?

Eine ARD Dokumentation
beleuchtet das Thema

Jahr für Jahr nutzen die Skigebiete die Sommersaison um das Angebot für Wintersportler auf den neuesten Stand zu bringen. Dazu zählt das Warten und Überholen von Liftanlagen, neue und bessere Bahnen zu bauen und bestehende Pisten zu präparieren, sowie neue anzulegen. Eine ARD-Dokumentation beschäftigt sich jetzt mit der Frage, ob es nicht irgendwann genug ist.

Wir berichten an dieser Stelle über die Dokumentation „Berge in Gefahr · Wie viel Tourismus ist zu viel?„, in der einige Skigebiete als der „Ballermann der Alpen“ bezeichnet werden. Zudem gehen auf die unterschiedlichen Standpunkte von Seiten der Umweltschützer und der Skigebietsbetreiber ein.

Wie viel Wintersport-Tourismus vertragen die Alpen?

Die Aufzeichnung startet mit einer Dokumentationen aus Ischgl. Die derzeitige Tourismus Metropole Ischgl war einst ein armes und verschlafenes Bergbauerndorf, heute ist es jedoch eine völlig andere Welt geworden.

Die erste Seilbahn in Ischgl

Die erste Seilbahn, die berühmte Silvrettaseilbahn, diente 1963 als Grundstein und nebst zahlreichen folgenden Bergbahnen wurden schließlich Tunnelsysteme mit Förderbändern durch den Ort gebaut und die Skipisten haben sich heute im Jahr 2025 auf alle Hügel ausgebreitet. Da ist es manchmal fast nicht mehr vorstellbar, wie verträumt und ursprünglich Ischgl noch vor einigen Jahren aussah. In dieser fortlaufenden Veränderung sieht der Naturschützer Reinhold Messner ein immer größer werdendes Problem, wie die ARD Dokumentation zeigt.

Ischgl - IdalpDie Idalp in Ischgl (Österreich) auf 2.320 Meter

Die goldene Mitte muss wieder gefunden werden

Gleichzeitig ist der Wintersport auf eine unglaubliche Nachfrage getroffen und hat den Bewohnern Arbeit und Wohlstand gebracht, weshalb immer eine strenge Abwägung zwischen dem Naturschutz und dem Betrieb der Skigebiete erfolgen muss. Mittlerweile hat sich zum Glück vieles gebessert, sodass manche Bausünden glücklicherweise der Vergangenheit angehören. Insbesondere Österreich und die Schweiz achten sehr darauf, die Skigebiete so nachhaltig wie möglich zu bewirtschaften.

Ein Problem bleibt aber sicher die große Anzahl an Skigebieten, in 2025 sind es ca. 600 Skigebiete in den Alpen, 1954 gab es ca. 100 Skigebiete. Durch den Klimawandel wird die Anzahl der Skigebiete in den nächsten Jahren allerdings wieder abnehmen, insbesondere bei den Skigebieten unter 2.000 Meter, wo sich der Betrieb zukünftig vielfach nicht mehr lohnt. Hier kommt es jetzt auf einen verantwortungsvollen Rückbau und den Wandel zu Sommersportarten wie Wandern und Radfahren an.

Das sagen die Skigebietsbetreiber

Skiort IschglSkiort Ischgl im Paznaun ist ein Top-Skigebiet und bekannt als Après-Ski Mekka

Die Verantwortlichen in Ischgl und anderen Skigebieten argumentieren, sicher nicht ganz zu unrecht, dass die Urlauber jedes Jahr eine neue Attraktion erwarten – auch wegen dem starken Wettbewerb der Skigebiete untereinander. Die Vorhaben gehen zumindest nicht aus, neue Lifte werden geplant und Steigerung ist für viele Anwohner und Geschäfte ein Muss. So modern und komfortabel wie möglich soll es sein, äußert sich der Ischgler Hotelbesitzer Günther Aloys, der schon die eine oder andere spektakuläre Idee für Ischgl hatte.

Freie und unberührte Natur finden die Gäste dadurch leider immer seltener, wobei es auch hier einige Perlen abseits des Trubels gibt: Vent liegt zum Beispiel wunderschön und einsam am Ende des Ötztals.

Das sagen die Naturschützer

Watzmann DeutschlandWunderschöne, naturbelassene alpine Landschaft beim weltberühmten Watzmann (Deutschland)

Der Naturschützer und Extremsportler Reinhold Messner sieht eine große Kluft zwischen Alpinismus und Tourismus. Es braucht viel Anstrengung und Können, um einen Berg zu erklimmen, wodurch man die Natur in ihren wahren Ausmaßen überhaupt erst richtig fühlt und versteht, wie klein und unbedeutend man gegenüber den Naturgewalten ist.

Beim Skifahren fehlt diese Anstrengung und man kann durch die modernen technischen Möglichkeiten leicht den Bezug und die Achtsamkeit gegenüber der Natur verlieren. Passend dazu äußert sich ein Umweltschützer zur „Gigantonomie“ in großen Skigebieten wie Sölden. Es geht aus seiner Sicht nur noch ums Geldverdienen und das ursprüngliche wird außer acht gelassen.

Dabei würde wahrscheinlich jeder unterstreichen, dass eine unberührte alpine Landschaft mit das schönste ist, was es gibt und das wir diese Naturräume unbedingt erhalten müssen. Deshalb muss der oberflächliche Wintertourismus, wie es ihn in manchen Skigebieten früher gab, einer modernen und nachhaltigen Bewirtschaftung weichen, wo die Gelder in eine gesunde Balance zwischen Umweltschutz und Wintersport fließen.

Viele große Skigebiete der Alpen, wie Sölden, Ischgl, Skiwelt Wilder Kaiser, Ski amadé, Mayrhofen oder auch Zermatt in der Schweiz sind hier auf einem guten Weg und unternehmen enorme Anstrengungen, um die Skigebiete möglichst nachhaltig zu betreiben. Aber natürlich bleibt weiterhin viel zu tun, um stetig besser zu werden!

Gratwanderung zwischen Skibetrieb und Natur

Nebelhorn DeutschlandBlick auf das Nebelhorn in Deutschland – Natur und Wintersport müssen noch mehr in Einklang kommen

In der Dokumentation wird hervorgehoben, dass sich die Spirale aus immer mehr Angeboten, welche seitens der Gäste erwünscht sind, sich in vielen Regionen nicht mehr, oder nur gegen große Widerstände, zurückdrehen lässt.

Doch daneben lässt sich zum Glück auch ein anderer Trend verfolgen. Neben dem Massentourismus gibt es Bergdörfer, die sich ganz der Natur verschrieben haben und bewusst im Konsens mit dem Berg leben. In diesen Orten geht es meist ruhig und naturbelassen zu, Skiurlaub in Vent ist hier ein schönes Beispiel. Daher sind diese Dörfer ein beliebter Anlaufpunkt für Winter- und Sommerurlauber gleichermaßen, die sich nach purer, ursprünglicher Entspannung sehnen. Und da die Anzahl der Unterkünfte bewusst begrenzt ist, kann es hier auch gar nicht so voll werden. Allerdings sollte man frühzeitig buchen, um noch eine Unterkunft zu bekommen.

Alpinist Reinhold Messner bekommt in der Dokumentation das Schlusswort: Er wünscht sich wieder mehr Ursprünglichkeit und Rückbesinnung zu den Wurzeln in den Alpen.

Dem können wir uns nur anschließen und wir glauben, dass ein nachhaltiger Skitourismus möglich ist, der auf allen Ebenen weiter voran gebracht werden muss. Viele Skigebiete sind mittlerweile auf einem guten Weg und es gilt: Dran bleiben!

 

Zur ARD-Dokumentation: „Berge in Gefahr · Wie viel Tourismus ist zu viel?

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